Wer kann schon von sich sagen, ein Gedankengang gehöre ihm?

Bert Brecht hielt nicht viel vom Recht auf geistiges Eigentum. Wir auch nicht. Wir stellen die SoZ kostenlos ins Netz, damit möglichst viele Menschen das darin enthaltene Wissen nutzen und weiterverbreiten. Das heißt jedoch nicht, dass dies nicht Arbeit sei, die honoriert werden muss, weil Menschen davon leben.

Hier können Sie jetzt Spenden
PDF Version Artikellink per Mail  | Soz Nr. 04/2024

Die GDL hat abgeschlossen, Ver.di noch nicht in allen Bundesländern
von vb

Im Kern ging es bei der Bahn neben höheren Gehältern vor allem um die Senkung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich für Schichtarbeiter:innen von 38 Stunden auf 35.
In 28 Eisenbahnverkehrsunternehmen wurden solche Tarifabschlüsse in drei Schritten bis 2027 von der GDL bereits erzielt. Sie treten jedoch erst in Kraft, wenn auch die Deutsche Bahn dabei ist. Entsprechend hart wird die Auseinandersetzung geführt.

Bei Redaktionsschluss (26.3.) lagen noch nicht alle Informationen vor, nur die Umrisse. Demnach soll die Wochenarbeitszeit Anfang Januar 2026 auf 37 Stunden gesenkt werden. Weitere Absenkungen soll es dann auf Antrag der Arbeitnehmer jährlich geben können, die 35 bei gleichbleibendem Lohn werden jedoch erst 2029 erreicht. Wer von den Beschäftigten auf 40 Stunden erhöhen möchte, kann dies mit 2,7 Prozent mehr Lohn tun.
Auf der Gehaltsseite gibt es 420 Euro Lohnerhöhung in zwei Schritten: 210 Euro mehr pro Monat zum 1.August 2024 und noch einmal 210 Euro zum 1.April 2025. Eine Inflationsausgleichsprämie über 2850 Euro soll in zwei Stufen ab März ausgezahlt werden. Bis Ende Februar 2026 gilt nun Friedenspflicht mit der GDL. Der Tarifvertrag läuft 26 Monate bis zum 31.Dezember 2025, danach folgt eine zweimonatige Verhandlungsphase, in der ebenfalls keine Streiks möglich sind.
Wie immer häufiger während der letzten Streiks gab auch diesmal Wortmeldungen, die das Streikrecht einschränken wollen. Auch Wirtschaftsminister Habeck mischte sich ein und fand, es werde zu viel für weniger Arbeit gestreikt. Die Bahn hatte Mitte März mal wieder per Gericht versucht, die Strategie der Nadelstiche durch Wellenstreiks zu unterbinden. Kernpunkt diesmal: die Ankündigungszeit für die Arbeitsniederlegungen. Das Gericht urteilte klar, dass das Vorgehen der GDL juristisch gedeckt und verhältnismäßig sei.

Bei Bus und Bahn gibt es inzwischen in einem Drittel der Bundesländer Tarifabschlüsse. Auch hier geht es in einigen Bundesländern um die Arbeitszeit und deren Verteilung. In anderen geht der Kampf an der Seite der Klimabewegung noch weiter. In Leipzig hatten die Arbeitgeber gerichtlich versucht, den Streik zu stoppen wegen Überlappung mit den Klimaprotesten. Doch auch hier gab das Gericht der Gewerkschaft recht.
Wie bei der Bahn ist es der Fachkräftemangel, der attraktivere Arbeitsbedingungen notwendig macht, statt die verbliebenen Beschäftigten auszupressen. Mitte März unterstrich dies erneut eine von KCW im Auftrag der Klima-Allianz Deutschland und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Ver.di) herausgegebene Studie. Sie prognostiziert den Zusammenbruch des öffentlichen Personennahverkehrs bis 2030. Denn dann wird die Hälfte der heute Beschäftigten in Rente sein. Und Nachwuchs kann nur mit einer langfristigen Finanzierungsperspektive und besseren Arbeitsbedingungen geschaffen werden. Wenn man die Fahrgastzahlen zudem verdoppeln will, sind 4 Milliarden. Euro jährlich zusätzlich notwendig für Personalkosten.
Die Klima-Allianz mit 150 Mitgliedsorganisationen vertritt rund 25 Millionen Menschen. Der gesellschaftliche Rückhalt ist also groß, führt bislang jedoch nicht zum Paradigmenwechsel. Ziel der Zusammenarbeit von Gewerkschaft und Klimabewegung war ebenfalls, neben den Arbeitsbedingungen, lokale Forderungen für die Verbesserung des ÖPNV-Angebots durchzusetzen. Dies wird am Ende auszuwerten sein und davon abhängen, ob auf bundesweiter Ebene eine Verbesserung der Finanzierung gelingt.

Teile diesen Beitrag:
Kommentar zu diesem Artikel hinterlassen

Folgende HTML-Tags sind erlaubt:
<a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>



Spenden

Die SoZ steht online kostenlos zur Verfügung. Dahinter stehen dennoch Arbeit und Kosten. Wir bitten daher vor allem unsere regelmäßigen Leserinnen und Leser um eine Spende auf das Konto: Verein für solidarische Perspektiven, Postbank Köln, IBAN: DE07 3701 0050 0006 0395 04, BIC: PBNKDEFF


Schnupperausgabe

Ich möchte die SoZ mal in der Hand halten und bestelle eine kostenlose Probeausgabe oder ein Probeabo.


Kommentare als RSS Feed abonnieren